Katrin Schicketanz

in Entwicklung

Aus der Episode 1939 – Vom Segel- aufs Motorschiff

… Auf dem Vordeck hatten wir 200 Fässer Wal-Öl als Decksladung mit Drähten festgezurrt. Zwei Tage vor Valparaiso kamen wir in einen gewaltigen Taifun. Das Schiff stampfte und rollte schwer in der wild gewordenen See. Unter der Last der schweren Stahlfässer platzten die Haltedrähte und die Fässer machten sich selbstständig: Sie rollten hin und her, schlugen hier an und da an, knallten gegen die Schotten, gegen die Reling und gegen die Winschen. Viele platzten auf, und an Deck und Aufbauten klebte bald ein dicker schleimiger Ölfilm.

Da hatte mein Kapitän die „Schnapsidee“ mich mit drei weiteren Matrosen auf das
Vordeck zu schicken, um zu retten, was noch zu retten war. Das war vollkommen
idiotisch und absolut lebensgefährlich! Das Schiff holte immer wieder hart über und beförderete dabei jede Menge Wasser auf’s Schiff. Auf dem schleimigen Deck fanden wir überhaupt keinen Halt mehr. Wir konnten nur eines tun: Versuchen zwischen den wild gewordenen Fässern am Leben zu bleiben. Schnell war klar, dass unsere Anwesenheit da unten völlig sinnlos war. So habe ich mich eine Weile unter einem der horizontal aufgestützten Ladebäume hin und her rutschend aufgehalten. Jedes Mal, wenn eines oder mehrere der Fässer auf mich zuschossen, bin ich an den Ladebaum gesprungen – die Beine hoch angezogen, damit die Fässer unter mir durch freie Bahn hatten, das Schiff zu demolieren. Es dauerte auch nicht mehr lange, bis die Fässer Breschen in die Reling geschlagen hatten, und so ging eines nach dem anderen über Stag, bis auch das letzte Fass in der aufgewühlten See verschwunden war. Als sich das Wetter beruhigt hatte, war es verdammt viel Arbeit, das ganze Schiff von dieser Öl-Kruste zu befreien …

Surabaya

Sturm vor Valparaiso